Rainer Wittenborn
COMPLEX M. E., 1970
Acryl auf Leinwand
151 × 131 cm
verso auf Künstleretikett handschriftlich betitelt, datiert und bezeichnet
(WITTER/W 1)
€ 6.000
Das Bild »Complex M. E.« von Rainer Wittenborn aus dem Jahr 1970 verschließt sich dem spontanen Zugang – dunkel in der Darstellung, sowohl visuell wie sinn-bildlich, erkennt man zunächst in der oberen Bildhälfte ein Rasterfeld, das sich im unteren Teil scheinbar nach vorn verräumlicht. Kryptische Zeichen, Linien und Ziffern lassen an Pläne denken, die dem Titel nach erst einmal auf sich selbst zurückverweisen. Die technoide Oberfläche legt allerdings nahe, dass es um Ausschnitte militärischer Darstellungen geht. Das Werk gehört in das Umfeld der »Military Offers« und der »Transmitted Pictures«, die vor bzw. nach 1970 entstanden sind. Es geht Wittenborn um die kritische Untersuchung des »sich immer mehr verselbständigenden Mechanismus von Produktion und Einsatz elektronisch gesteuerter Waffensysteme« (Armin Zweite). Ob es sich bei den diversen Zeichen um strategische Daten geht, bleibt der Entscheidung des Betrachters überlassen – dass es um den Menschen geht, erkennt man an den kaum sichtbaren Umrissen eines Kopfprofils. Rainer Wittenborn verbindet mit der kühlen Präzision des wissenschaftlichen Dokumentars politische Inhalte und ästhetische Aspekte. Anders als die Agitationskunst der 1960er Jahre widmet sich der Künstler nicht der emotionalen Bewältigung etwa von kriegerischen Auseinandersetzungen, sondern dem nüchternen Apparat, der – fern von einer gefühlsbetonten Bewertung – diese erst ermöglicht. In späteren Arbeiten bezieht er Fotos, Texte und Objekte mit in seine Darstellung von karthografischen, ethnischen und sozialen Daten und Zeichen ein. Sein anthropologisches Interesse führte ihn auch zu ökologischen Projekten in Kanada, Italien und am Amazonas.