»… ja, ich bin geblieben, wie ich bin, veränderbar« - das schrieb Cornelia Schleime in ihrem autobiographisch gefärbten Roman ›Weit fort‹. Ihr künstlerisches Werk spiegelt diesen Eindruck wunderbar wider, auch bis in die Biografie hinein. Die geborene Ost-Berlinerin hat den Druck des ehemaligen DDR-Regimes hautnah gespürt, der in der Flucht oder richtiger gesagt: Ausbürgerung in den Westen gipfelte. Das Malverbot davor kompensierte die Künstlerin, indem sie ihren Körper selbst zur Kunst erhob: in Fotografien und Performances. In der Malerei nach 1984 – das Frühwerk ging weitgehend verloren – blieb sie sich treu bis heute. Ohne dass sie je wirklich Selbstporträts geschaffen hat, steckt in ihren fiktiven, zum Teil den Medien entlehnten Figurendarstellungen immer auch ein Stück von ihr selbst. Spuren des gelebten Lebens sind in der Technik selbst zu erkennen: die Verwendung von Schellack und Asphaltlack über Acryl erzeigt schrundige Oberflächen, und die Gesichter sind so verletzlich wie entschieden, nie perfekt, aber immer faszinierend. Die Ambivalenz des Daseins kommt in ihrem unverwechselbaren, expressiven Stil zur perfekten Entfaltung – die persönlichen seelischen Blessuren werden zur allgemeingültigen ästhetischen Form. Dabei strebt die Künstlerin danach, sich selbst zu überraschen. Bewusst lässt sie sich auf das Abenteuer der Malerei ein, um sich zu entdecken, während der Betrachter die Chance hat, sich selbst und seine Zeit darin wiedergegeben zu finden. Träume und Sehnsüchte, Erlebtes und Eingebildetes, Mythisches und Märchenhaftes fordern uns heraus, die Blicke der Dargestellten fokussieren uns, ihre Physiognomien und Gliedmaßen sind zuweilen beschädigt, gezeichnet vom Leben. In ihren Papierarbeiten geht Cornelia Schleime noch weiter in der spontanen Geste, dem Elan vital – und doch sitzt jeder Pinselstrich. Die teils monumentalen Leinwände sind vergleichbar mit einer opulenten Bühnenpräsenz, einer großen Oper – Szenen eines gelebten Lebens. Cornelia Schleime hat die Verletzungen des Seins umgemünzt in malerische Seelenlandschaften von tiefgründigen Gesichten und vielschichtigen Gesichtern. Wer sie betrachtet, wird sie nicht mehr vergessen.